Die Feedback-Formel
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Was Führungskräfte von der Luftfahrt lernen können
In der Welt der Luftfahrt kann ein einziges Feedback den Unterschied zwischen Erfolg und Katastrophe bedeuten. Ein Co-Pilot, der zögert, den Kapitän auf einen Fehler hinzuweisen, eine Crew, die Warnzeichen ignoriert – in den 1970er- und 1980er-Jahren waren diese menschlichen Fehlkommunikationen für zahlreiche Flugzeugabstürze verantwortlich. Die Lösung? Ein revolutionäres Trainingssystem namens Crew Resource Management (CRM), das Feedback zur zentralen Säule der Zusammenarbeit machte.
CRM führte zu einer drastischen Reduzierung von Flugunfällen – und bietet zugleich eine Blaupause für den Erfolg in der Business-Welt. Wie können Führungskräfte, Coaches und Personalentwickler von diesem Modell lernen? Und was sagt die Wissenschaft über die richtige Anwendung von Feedback? Willkommen in der Welt einer professionellen, lernförderlichen Feedback-Kultur.
Warum Feedback oft nicht funktioniert – und wie es besser geht
Feedback ist in vielen Unternehmen Standard. Doch die Art und Weise, wie es gegeben wird, lässt oft zu wünschen übrig. Studien zeigen: Nicht jedes Feedback ist gleich wirksam.
Die Meta-Analyse von Abraham Kluger und Angelo Denisi (1996) zeigt, dass etwa ein Drittel der untersuchten Feedback-Interventionen negative oder gar keine Effekte hatte. Was läuft hier schief? Laut der Feedback Intervention Theory (FIT) kommt es entscheidend darauf an, worauf Feedback den Fokus legt:
- Die Aufgabe: Feedback, das sich auf konkrete Aspekte der Arbeit konzentriert, ist besonders wirkungsvoll.
- Der Prozess: Rückmeldungen zu Herangehensweisen fördern die Reflexion und die Bereitschaft, Neues zu lernen.
- Die Person: Kritik oder Lob, das sich auf persönliche Eigenschaften bezieht, führt oft zu Abwehrreaktionen und emotionalen Barrieren.
Ein großer Fehler in der Praxis ist es, Feedback auf die Person zu beziehen, etwa durch Aussagen wie „Das war schlampig“ oder „Sie sind sehr engagiert“. Während die erste Rückmeldung demotiviert, bietet die zweite keinen Mehrwert für künftiges Verhalten. Stattdessen sollte Feedback aufgabenorientiert und klar formuliert sein.
Warum die Luftfahrt als Vorbild dient
Die Luftfahrt hat gezeigt, wie wichtig systematisches Feedback ist. Nach jedem Flug findet ein Debriefing statt, bei dem Fehler analysiert und alternative Handlungsstrategien besprochen werden. Feedback ist dabei nicht optional, sondern Pflicht – und wird durch klare Strukturen gestützt.
Dieses Modell lässt sich leicht auf den Business-Kontext übertragen. Führungskräfte, die regelmäßig Feedback einholen und geben, stärken nicht nur die Leistung ihrer Teams, sondern auch die eigene Glaubwürdigkeit. Doch warum wird Feedback in vielen Organisationen trotzdem vernachlässigt?
Feedback-Defizite in Unternehmen
Im Gegensatz zur Luftfahrt fehlt in vielen Unternehmen eine etablierte Feedback-Kultur. Führungskräfte, die selten selbst Rückmeldungen einholen, setzen unbewusst ein negatives Signal: Feedback wird als Kritik wahrgenommen, nicht als Chance zur Weiterentwicklung. Besonders neue Führungskräfte erleben häufig unprofessionelles Feedback, das sich auf unsystematische oder subjektive Kriterien stützt. Das Ergebnis? Eine Kultur der Vermeidung, in der Feedback weder gegeben noch gefordert wird.
Vier Ebenen des Feedbacks (nach Hattie und Timperley, 2007)
- Zur Person: Feedback zu persönlichen Eigenschaften oder Charakterzügen (meist kontraproduktiv).
- Zur Aufgabe: Rückmeldungen zur Qualität der erledigten Arbeit (förderlich).
- Zum Prozess: Hinweise auf die angewandten Methoden und Strategien (sehr förderlich).
- Zur Selbstregulation: Unterstützung bei der Eigensteuerung und Reflexion (am effektivsten).
So etablieren Sie eine professionelle Feedback-Kultur
Eine lernförderliche Feedback-Kultur lässt sich nicht über Nacht einführen. Sie erfordert klare Strukturen, regelmäßige Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis darüber, was gutes Feedback ausmacht. Hier sind vier zentrale Prinzipien:
- Klare Ziele definieren: Jedes Feedback sollte sich auf messbare und verständliche Kriterien stützen.
- Regelmäßigkeit etablieren: Feedback sollte nicht auf Jahresgespräche beschränkt bleiben, sondern kontinuierlich stattfinden.
- Fokus auf die Aufgabe: Feedback, das sich auf die Leistung und nicht auf die Person bezieht, schafft Vertrauen und Offenheit.
- Vorbildfunktion einnehmen: Fordern Sie selbst aktiv Feedback ein – das signalisiert, dass Sie Rückmeldungen ernst nehmen und schätzen.
Fazit: Feedback als Schlüssel zum Erfolg
Die Erkenntnisse aus der Luftfahrt und der wissenschaftlichen Forschung zeigen: Feedback ist kein bloßes Werkzeug, sondern eine Haltung. Es erlaubt uns, blinde Flecken zu erkennen, bessere Entscheidungen zu treffen und Beziehungen zu stärken. Doch dafür muss Feedback klar, aufgabenorientiert und kontinuierlich sein.
Für Führungskräfte bedeutet dies: Etablieren Sie eine Feedback-Kultur, die auf Transparenz, Vertrauen und Lernbereitschaft basiert. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihr Team nicht nur funktioniert, sondern floriert.